C´è sempre una prima volta...
.. es gibt immer ein erstes Mal
...war die Antwort eines Helfers, der mich 12 Stunden nach dem Start aus dem Rennen nahm, obwohl es am Colle S. Zeno weder eine offizielle Kontrollstelle und schon gar keine cut-off Zeit gab.
Damit war der laut Ausschreibung härtete Ultra-Marathon der Alpen für mich bereits nach ca. 46 km zu Ende.
Doch der Reihe nach:
Als ich Ende 2009 von Laufkollegen aus Italien erstmals vom geplanten Adamello-Super-Trail (AST) erfuhr, setzte ich die Veranstaltung, von der es damals nur rudimentäre Informationen gab, auf meine Vorhabensliste 2010.
Ursprünglich für den 09.07.2010 und die beiden folgenden Tage geplant, wurde die Austragung dann Mitte April auf das letzte Wochenende im Juli verschoben. So gab ich meinen Startplatz beim Chiemgauer 100er auf, war doch der Reiz des Neuen ungleich größer als eine Wiederholung in Ruhpolding.
Die Informationen auf der Homepage des Veranstalters blieben auch in der Folge eher dürftig. Auch meine Mails, die ich u. a. wegen Übernachtung geschrieben hatte, bleiben unbeantwortet. Mein italienischer Partner vom PTL 2009, Stefano Bartolini, wollte ebenfalls am AST teilnehmen und versuchte telefonisch Details zu erfragen. Die versprochenen Rückrufe des Veranstalters blieben allerdings aus.
Im Forum bei Spiritotrail konnte ich zwar die Diskussionen italienischer Läufer verfolgen, gewann daraus aber nur die Erkenntnis, dass vor allem die zweite Hälfte der Strecke extrem technisch und schwierig (Stichwort: Sky-Running) sei.
Im Vertrauen darauf, dass italienisches Improvisationstalent und die Gastfreundlichkeit vor Ort alle Probleme lösen lassen, machte ich mich am 29.07.2010 dann auf die 600 km lange Anreise nach Vezza d´ Oglio.
Da in der Ausschreibung von einer Pasta-Party am Vorabend des Laufes im Veranstaltungszentrum des Ortes die Rede war, vermutete ich, mangels entsprechender Angaben, auch die vorherige Ausgabe der Startunterlagen dort.
Der Betreiber des Zentrums wusste allerdings nichts von einer Pasta-Party, meinte jedoch, die Startnummern könne es im Rathaus geben. Und richtig, dort fand ich Pierluigi, den Veranstalter. Kurz nach mir trafen dann vier Laufkollegen aus Rom dort ein, die sich ebenfalls durchgefragt hatten. Damit hatten sich schon insgesamt fünf von angeblich 130 Teilnehmern eingefunden.
Briefing im Rathaus von Vezza d´Oglio
Mit meinen recht mäßigen Italienischkenntnissen glaubte ich nach einem informellen Briefing die wesentlichen Informationen für den Transfer am nächsten Tag zum Start in Brescia verstanden zu haben. Die Pasta-Party wurde kurzerhand durch eine Einladung zum Pizza-Essen ersetzt. So verbrachte ich trotz der "Sprachbarriere" einen äußerst kurzweiligen Abend mit den vier Römern, Pierluigi und Paolo. Paolo stammt wie Pierluigi aus Vezza d`Oglio und ist ein Liebhaber der ganz harten Sachen. U. a . war er 2008 Finisher des Iditarod in Alaska.
Auf dem Weg in mein Hotelzimmer zeigte sich der Abendhimmel fast sternenklar. Die Regenwolken der Vortage waren wohl abgezogen. Gute Aussichten für den morgigen Tag.
Der Kleinbus, der uns am Freitag Morgen zum Bahnhof nach Edolo bringen sollte, war um 09:00 h nirgendwo in Sicht. Auch die Kollegen aus Rom waren noch verschwunden. Aus der Tür der Tourist Information kam aber
"Il grande Marco Olmo" und meinte, ich wäre hier schon richtig.
Und tatsächlich, kaum 15 Minuten später tauchte der fast schon vollbesetzte 9-Sitzer auf. Unterwegs sammelten wir noch einige andere Läufer ein, so dass sich am Ende einschließlich Fahrer 14 Leutchen mit ihren Laufrucksäcken und Sporttaschen mit Wechselkleidung aneinander drückten. Glücklicherweise war der Fiat eher mäßig motorisiert, so dass den Rallye-Ambitionen des Fahrers durch die Gesetze der Physik Grenzen gesetzt wurden.
Warten auf den Zug in Edolo
Ab Edolo ging es mit dem Zug weiter nach Brescia. Mediterrane Ausblicke, u. a. auf den Lago di Iseo und diverse Läufergeschichten verkürzten uns die zweistündige Fahrt.
Lago di Iseo
Ein kurzer Fußmarsch durch Brescia zur Piazza Loggia und wir hatten den Startpunkt erreicht. Außer unserer Gruppe waren kaum andere Teilnehmer zu sehen . Gemeinsam mit den Kollegen von der Zugfahrt steuerte ich eine Trattoria an und wir gönnten uns ein opulentes Mittagessen.
Brescia
So verging die dreistündige Wartezeit bis zum Start recht schnell. Die Piazza Loggia hatte sich zwischenzeitlich mit Teilnehmern gefüllt und so kam sogar etwas Startatmosphäre auf.
Diversen Ansprachen folgte die Ermahnung, innerhalb von Brescia in der Gruppe zu bleiben, da die Strecke im Stadtgebiet nicht markiert sei und nur ein Polizeimotorrad an der Spitze der Gruppe für so etwas ähnliches wie Sicherheit sorgen würde.
Andiamo Raggazzi!
Der Uniformierte der Polizia Municipale di Brescia verstand sich mit seinem Motorrad dann auch gleich als Pacemaker. Für mich eindeutig zu schnell, setzte sich der Läufertross in Bewegung. Offensichtlich war ich aber nicht der einzige, dem in der schwülen Hitze des Nachmittags das Tempo zu flott war. Im Nu war das LäuferInnenfeld weit auseinander gezogen. Im nachmittäglichen Verkehrsgewühle einer mittelgroßen Stadt bewegte sich eine mehrere 100 m lange Läuferschlange auf Hauptstraßen und durch Kreisverkehre, jedoch ohne größere Problem und Hupkonzerte. Funktioniert so wohl auch nur in Italien.
Nach ca. 5 km war der Stadtrand erreicht. Erleichtert konnte ich jetzt den Markierungen hinauf in die Hügel um Brescia folgen.
Schweißtreibend ging es auf schmalen Pfaden und durch Buschwerk in ständigem Auf- und Ab nach Santuario delle Stella (km 9,5) mit einer ersten Verpflegungsstelle.
Santuario della Stella
Faustos Fan Club
Anfänglich bewaldet, später lichter werdend, boten sich immer wieder reizvolle Ausblicke. Steil hinauf und wieder hinunter gewannen wir auf überwiegend gut laufbaren Pfaden insgesamt deutlich an Höhe.
Die nächste Verpflegungsstelle befand sich in Santa Maria del Giogo (km 31, ca. 1.000 m). Die dunkle Wolkenwand, aus der uns schon seit geraumer Zeit Donnergrollen begleitete, kam von Osten her schnell näher.
Gleich wird es heftig
Wenige Minuten nachdem ich die Verpflegungsstelle verlassen hatte, brach das Gewitter heftig über uns herein. Glücklicherweise fand sich ein Schuppen im Wald, dessen Dachüberstand etwas Schutz bot. Innerhalb von Minuten war der Boden ringsum mit Haselnuss großen Hagelkörner bedeckt und die Temperatur war auf etwa 10° gesunken.
Sobald der Hagelschlag und der nachfolgende Regen nachließen, machte ich mich ziemlich ausgekühlt auf den Weiterweg. Nach wenigen Minuten traf ich auf eine Gruppe von vier Italienern, die sich ebenfalls untergestellt hatten, und wir beschlossen, in der einbrechenden Dämmerung zusammen zu bleiben.
Nach dem heftigen Regen waren die Wege schlammig geworden. Bergauf kamen wir noch ganz gut voran, bergab schlingerten und rutschten wir dagegen von Baum zu Baum. Jetzt rächte sich, dass ich meine Teleskopstöcke zu Hause vergessen hatte. Die meist anspruchsvollen Singletrails machten trotzdem richtig Spaß. Ein langer und steiler Anstieg führte uns auf den Monte Gugliermo. Im dortigen Rifugio Amici gab es zwar keine Verpflegungsstelle, dank des Hüttenwirts konnten wir uns aber etwas aufwärmen und trockene Kleidung anziehen.
Den folgenden Abstieg zum Colle S. Zeno ging ich flott an. Der Regen hatte aufgehört und der Mondschein ermöglichte eine recht gute Sicht. Ich fühlte mich fit und hatte auch keine Bedenken, jetzt alleine durch die Nacht zu laufen.
Am Ende einer Forststraße stand unerwartet ein beleuchteter Kleinbus. Ich vemutete eine außerplanmäßige Verpflegungsstelle und wurde auch gleich mit Getränken und Essen versorgt. Im Bus saßen einige Läuferkollegen, von denen ich annahm, dass sie eine kleine Pause eingelegt hätten. Erst als ich mich auf den Weiterweg machen wollte, wurde mir klar, dass ich mich an einer in der Ausschreibung nicht vorgesehenen Kontrollstelle befand. Mir wurde freundlich aber unmissvertändlich erklärt, dass hier für alle Schluss wäre, die sich noch auf der Strecke befänden.
Mein energischer Protest blieb erfolglos. Laut Ausschreibung wären mir für die folgenden 38 km bis Bazena noch knappe 6 h Zeit geblieben. Selbst bei einem noch zu bewältigenden Anstieg von ca. 1.350 m eine nicht unlösbare Aufgabe. Falls ich Bazena nicht bis zur dortigen Cut off Zeit um 09:00 h am Samstag erreicht hätte, wäre eine Beendigung des Rennens von mir problemlos akzeptiert worden. Immerhin hätte ich dann die erste Hälfte des Laufes beenden können.
Kurzzeitig zog ich noch in Erwägung, dennoch auf eigene Verantwortung weiter zu laufen. Allerdings überwog sehr schnell die Befürchtung, dass ich auf der Strecke niemanden mehr treffen würde; das damit verbundene Risiko erschien mir dann doch zu hoch. So fügte ich mich widerwillig und enttäuscht
Die folgende Fahrt nach Vezza d´Oglio stellt dann definitiv den gefährlichsten Teil des AST dar. Tempolimits und Überholverbote galten für den Fahrer unseres "Pulminos" ganz offensichtlich nicht. Er bretterte mit allem was die Kiste hergab, vermutlich in neuer Rekordzeit durch die Nacht, um uns dann in Vezza d` Oglio vor einer Turnhalle mit Feldbetten abzusetzen.
Meine Erwartungen an den Adamello Super Trail haben sich nicht erfüllt.
Die Organisation ist in sehr vielen Punkten stark verbesserungsfähig. Die Strecke verdient wohl wirklich das Prädikat "Härtester Ultra Marathon der Alpen". Dafür ist das Zeitlimit mit 44 h m. E. allerdings deutlich zu knapp bemessen.
Besonders ärgert mich, dass Läufer, die noch deutlich später als ich am Colle S. Zeno eintrafen, offensichtlich doch weiterlaufen durften, weil dann nämlich dort kein Kleinbus mehr zur Verfügung stand. So ist der Adamello mein erster Lauf, bei dem ich am Zeitlimit scheiterte. Aber...
..."Es gibt immer ein erstes Mal"...
...das gilt hier wohl ganz besonders:
Nur ein einziger Teilnehmer, Fabio Varesco, konnte den Adamello Super Trail beenden. In einer unter diesen Umständen unglaublichen Zeit von 35:00 h erreichte er das Ziel in Vezza d´Oglio.
Von den ca. 130 Startern wurden immerhin 30 auf der Teilstrecke über 86 km bis Bazena gewertet. Zeitfenster zwischen 13:08 h und 19:52 h. Weitere 8 Teilnehmer, die sich nur für die "kurze" Strecke bis Bazena (Prealpi Trail) angemeldet hatten, konnten dort ebenfalls finishen. Marco Olmo, der für den Prealpi Trail gemeldet hatte, ist wohl schon sehr frühzeitig ausgestiegen.
Eine derartige "Ausfallquote" ist mir bisher bei keiner anderen Trailveranstaltung untergekommen. Falls es zu einer Zweitauflage des Laufes kommen sollte, müssen die oder besser der Veranstalter, denn außer Pierluigi war wohl niemand verantwortlich eingebunden, die Konzeption völlig überdenken.
Bei einer Startzeit in Brescia am Morgen des Freitags und einer Zielschlusszeit am Sonntag nachmittag gäbe es, angesichts der wohl vorhandenen technischen Schwierigkeiten im zweiten Teil der Strecke, für eine akzeptable Zahl von Startern eine Chance, auch tatsächlich zu finishen.
Homepage des Veranstalters
Ergebnisse
Bericht eines italienischen Laufkollegen: "adamello super flop trail"