Hart und schmutzig: Trail L´Infernal

157 km und 7.300 Höhenmeter | Finisherquote 25 %

Wenn gute Trails hart und schmutzig sein müssen, dann gibt es bei unseren französischen Nachbarn ein neues Trail-Highlight.

Im Departement Lorraine findet rund um das Städtchen Saint Nabord seit 2009 der Trail L´Infernal statt. Bisher mit Streckenlängen von 30 bzw.  72 km, in 2011 erstmals auch mit zunächst ausgeschriebenen 150 km, die sich dann als echte 157 km herausstellten.

In den Vogesen findet man das ganze Jahr über anspruchsvolle Trail-Wettbewerbe, der "Cent cinquante" (150)  dürfte  mit Abstand der heftigste sein. Das Höhenprofil zeigt eine Vielzahl von Ausschlägen.

 

Beim Start bin ich noch eher amüsiert. Der "Höllentrail" beginnt mit Feuerwerk und viel Show.

Kurz nach Mitternacht geht es los. Ein paar 100 Meter auf Asphalt durch Saint Nabord, dann geht es schon steil hinein in den nächtlichen, von Nebelschwaden durchzogenen Wald. Es ist mit ca. 17° C noch sehr warm, die Luft ist nach Regenschauern am Nachmittag feucht, frieren muss hier keiner.
Der Auftakt ist vielversprechend. Steinige Passagen wechseln sich mit Schlamm und Wurzelwerk ab. Es geht entweder steil hinauf oder hinunter, eben ist es nirgends. Die Strecke ist bestens markiert, das Läuferfeld noch dicht beeinander, verlaufen kann man sich auch im dichter werdenden Nebel nicht.

Wir laufen überwiegend im Wald. Trotz Vollmond ist es meist stockfinster. Im Licht der Stirnlampen erreiche ich ein erstes Ravito bei km 17, ein nächstes bei km 27. Es gibt Wasser und Cola sowie süße und salzige Snacks.

Die Wegführung ist teilweise abenteuerlich.

Solche Passagen gibt es z. B. auch beim Keufelskopf-Ultra, allerdings sind die dort (nach französicher Lesart: völlig überflüssiger Weise) mit Seilen versichert. (@ Eric: Lass sie einfach in 2012 mal weg)

Morgenstimmung

Bald hat die Sonne den Nebel ganz aufgelöst

Noch verlieren sich die 240 Starter nicht ganz aus den Augen

Ein strahlender Spätsommertag beginnt

Die einzelnen Anstiege haben meist zwischen 300 und 500 Höhenmeter

Alleine in der Natur

Hier ist es noch angenehm kühl

Es kein Schaden, etwas langsamer zu sein.
Diese felsige Passage musste die schnelle Truppe noch im Finstern erklettern.

Gelegentlich kann man sogar richtig laufen

Weitgehend...

... alleine unterwegs

Die Wegführung ist anspruchsvoll. Wenn sich eine steile Rampe findet, bleibt der daneben liegende Weg unbenutzt. Steilhänge werden gerne in der Falllinie begangen. Da war zwar bisher kein Pfad, aber eine, den Markierungen folgende Herde Läufer, schafft schon einen. Da überkommt mich, ob des Flurschadens, schon schlechtes Gewissen.

Der "Feensee" bei ca. km 90. Das Feld ist weit auseinander gezogen. An den Verpflegungsstellen, die sich etwa alle 15 km finden, höre ich von bereits vielen Aufgaben.

Die Versorgung ist bestens. Freundliche und kompetente Helfer versuchen jeden Wunsch zu erfüllen. Die Sanitäter haben jede Menge zu tun.

An der Verpflegungsstelle in Rupt Centre (km 95) beginnt für mich die zweite Nacht. Ich laufe alleine weiter. Ich habe den Eindruck, dass die Wege im Vergleich zur ersten Hälfte etwas weniger anspruchsvoll sind. Das bedeutet aber nicht , dass es ohne nasse Füße und schlammige Passagen abgeht. Wenn sich irgendwo ein Geröllfeld findet, führt der Trail ganz sicher weglos hindurch.

In Girmont (km 121) habe ich einen Drop-Bag deponiert. Ich ziehe mich um, schlage mir den Bauch mit Nudeln voll und schlafe eine halbe Stunde.

Die zweite Nacht ist bereits vorbei

Fußgängerunterführung auf Französisch, kurz danach kommt das vorletzte Ravito bei km 137. Ab hier treffen die 150er auf die Trasse der beiden "Kurzstrecken" mit 30 und 72 km.  Mit der Einsamkeit ist es jetzt vorbei.

Die in Girmont gewechselten Schuhe und Socken sind noch relativ trocken, als ca. 15 km vor dem Ziel ein Bach auf eine Länge von etwa  fünf Metern zu durchwaten ist.

Das kalte Wasser, das mir an der tiefsten Stelle bis über die Knie reicht, macht zwar schlagartig wieder wach, das Weiterlaufen ist mit klatschnassen Schuhen und Strümpfen jedoch kein wirkliches Vergnügen mehr.

An der letzten Verpflegungsstelle (km 145) erfahre ich , dass ich augenblicklich auf Rang 32 liege. Die zahlreichen Zuschauer bejubeln die "Cent cinquantes" besonders heftig. Auch viele Läufer, die auf den beiden kürzeren Distanzen unterwegs sind, klopfen mir auf die Schulter, während sie mich überholen. Das macht beste Laune und gibt neue Kraft. Die letzten Kilometer ins Ziel laufen sich fast von alleine. Nach 36:05:16 h erreiche ich den Zielbogen im Stadion von Saint Nabord. Das ergibt Platz 30 in der Gesamtwertung und einen 3. Platz in der Altersklasse. Von 240 Startern haben 180 oder 75 % aufgegeben.

Ich hatte den Eindruck, dass viele Teilnehmer die Anforderungen des Trail L´Infernal deutlich unterschätzt haben. Vor allem die weglosen Passagen  in der ersten Hälfte forderten wirklich alles. Aber 4 Quali-Punkte für den UTMB gibt es eben nicht umsonst.

Wer es hart und heftig mag und nasse Füße nicht scheut, wird sich in Saint Nabord wohl fühlen.