Die Nacht verschluckt mich. Nur gelegentlich ist das Knistern eines Baums oder der Ruf eines Vogels zu hören. Das Läuferfeld ist weit auseinander gezogen. Erst als der Weg eine weiten Bogen beschreibt, sehe ich weit vor und über mir den Lichtschein einer Stirnlampe.
Nächstes Ziel ist die ca. 650 Meter höher liegende Bocca alle Porta, der Übergang in das Restonica Tal. Die Trasse verläuft über Blockgelände, die Markierungen sind nicht immer leicht zu finden, Schmelzwasser verschafft mir nasse Füße.
Schon lange kann ich hoch über mir Scheinwerferlicht erkennen. Helfer sitzen auf der Bocca alle Porta und leuchten das letzte Stück des Wegs aus. Zunächst geht es aber auf ein im Verlauf sehr steil werdendes Schneefeld. Hier bin ich mehr als froh, mich gegen meine neuen HOKAS entschieden zu haben und statt dessen die bewährten La Sportiva Raptor mit dem richtigen Grip an den Füßen zu haben.
So sieht es an der Bocca alle Porta am Tag aus (Bild von der Website des Veranstalters). Nun beginnt ein technisch wirklich anspruchsvoller Abstieg. Zunächst quert der Weg mit Hilfe eines Fixseils am oberen Rand eines steilen Schneefeld nach Süden. Nach einigen 100 Metern erklärt ein weiterer Helfer den Gebrauch der folgenden Seilversicherungen. Gute 100 Höhenmeter geht es fast senkrecht über Schneefelder und Felsen nach unten. Im Licht der Stirnlampe für viele eine Herausforderung. Obwohl sich das Feld weit auseinander gezogen hatte, kommt es hier zu einem kleinen Stau.
Der Abstiegsweg lässt sich im ersten schwachen Morgenlicht nur erahnen.
Die Bocca alle Porta ist der tiefste Punkt der Bergkette in der Bildmitte. Der kleine Lichtpunkt darunter ist die Stirnlampe eines Läufers. Abschnitte wie diesen wird man bei einem Trail wohl nur in Frankreich oder Italien finden können. Definitiv nichts für ängstliche Naturen.
Wenig später erreiche ich den Lac di Capitellu, eine der absolut sehenswerten Naturschönheiten Korsikas.
Morgenstimmung oberhalb des Lac di Melu mit Blick ins Restonica Tal
Lac di Melu